Ein Höhepunkt – in dramatischer Hinsicht – in der Beziehung ergab sich an einem Wochenende bei einem als gemeinsamem Kurzurlaub geplanten Trip mit dem Wagen, den ich damals noch besass, nach Fehmarn. Wir mieteten uns ein Zimmer, doch gleich nach unserer Ankunft stellte sich heraus, dass S. sich in einer stinkigen Laune befand und offensichtlich bereit war bzw. es darauf anlegte, unser gemeinsames Wochenende zu verderben. Ich war nicht wirklich überrascht und im Grunde auch nicht sonderlich enttäuscht, war ja schon (dank der Analyse!) auf diese Art von Zerreissproben eingestimmt, und so sah ich hier eine Gelegenheit zu einer drastischen Reaktion: ich erklärte ihr, dass wir so nicht das Wochenende verbringen könnten und ich nach B. zurückfahren werde, sie hätte ja genügend Geld für eine Rückfahrt mit dem Zug (ich weiss nicht mehr, ob ich ihr auch noch etwas gegeben habe). So geschah es dann auch; ich fuhr los, ohne über Nacht zu bleiben. Von der Rückfahrt auf der Landstrasse (die Autobahn Hamburg - Berlin gab es damals noch nicht) ist mir noch in Erinnerung geblieben, dass ich, sicherlich in meiner aufgewühlten seelischen Verfassung, bei einem riskanten Überholmanöver mit meinem VW haarscharf an einem Unfall vorbeigekommen bin.

    Nach meiner Rückkehr liess ich vierzehn Tage verstreichen, bis ich wieder zu ihr fuhr, voller Bangen, wie sie mich wohl empfangen würde. Es war ein sehr emotionales Wiedersehen, auch sie hatte gehofft und gebangt, ob ich wohl zurückkommen würde, und war offensichtlich erleichtert und glücklich darüber, dass ich "bei der Stange geblieben" war. Dieses Glück hielt eine Weile an bis zum nächsten Zerwürfnis.

    Der Verlauf der Analyse wurde immer wieder beeinflusst durch das, was D.A. als Somatisieren bezeichnete. Er sprach einmal davon – das war wohl lange Zeit später, als die Analyse mehr und mehr stagnierte –, dass "Psyche und Soma bei mir zusammengewachsen" seien. So las er, wenn wir uns zur Begrüssung die Hand gaben, an meinem Gesicht ab, in welcher Verfassung ich mich befand. Es war mir anzusehen, wenn ich mich im Zustand der Entleerung befand, von der meine somatische Befindlichkeit, Erkältung, Bronchitis, Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit begleitet war.

    In einer Stunde beschäftigten wir uns mit meinem Gesicht; ich weiss nicht mehr, ob auch das Rotwerden zur Sprache kam, unter dem ich früher gelitten hatte – es war ja im Lauf der ersten Analyse weitgehend verschwunden, zurückgeblieben war aber eine gesteigerte Sensibilität der Gesichtsmuskeln. Meine Sorge um meinen Gesichts- ausdruck, dass er ungewollt etwas verriet, bestand weiterhin, was dazu führte, dass ich mit Entspannungsübungen versuchte, es ausdruckslos erscheinen zu lassen. Immer wieder kam es vor, dass etwas fälschlicherweise an ihm abgelesen oder in es hineingelesen wurde – und wird: des öfteren bekam – und bekomme – ich zu hören, dass ich "böse gucke", während ich meine, bloss einen neutralen, emotionslosen Gesichtsausdruck zu haben.